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Die Siegelwelt Chroniken Band 5 - ... erforschen

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Die Siegelwelt Chroniken Band 5 - ... erforschen

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Band 4 -  ... erforschen

von Beate Paul und Fern Weirich
03/2012 - 56 Seiten - 4,50 € + Porto
(bei der Bestellung von 9 Exemplaren erhalten Sie das 10. gratis)

„Kommst du tatsächlich von da draußen?“

Stubs wusste, dass es unhöflich war, jemanden anzustarren, aber er konnte nicht anders. Obwohl das Mädchen an der Haustür der Familie Ölmann fast einen halben Kopf kleiner war als er, trug sie Schuhe mit klappernden Absätzen wie die Psychologin aus der Rhein-Main-Kuppel, dazu enge Hosen und ein formloses Kleid, das so aussah, als wäre es aus einem der Säcke genäht, in denen die Clanfrauen Erdknollen sammelten. Ihre schulter-langen Haare schimmerten in allen Farben eines Sonnenuntergangs.

„Hallo Stubs.“ Frau Ölmann drängte sich an dem Mädchen vorbei und nahm ihm die kleinere Tasche mit Handtuch, Seife, Zahnpasta und seinem Nachthemd aus der Hand. „Komm erst mal rein. Bringst du bitte die andere Tasche nach oben, Natti.“

Das Mädchen rümpfte die Nase. „Ich heiße Natalie“, murrte sie, griff aber trotzdem nach der zweiten Tasche.

„Meine Güte, was schleppst du denn alles mit?“ Sie rollte theatralisch die Augen. „Notrationen für die nächsten hundert Jahre?“

„Nur ein paar Bücher“, antwortete Stubs verlegen.

„Bücher?“ Natalie wollte sich ausschütten vor Lachen. „Hast du wirklich diese stinkenden Schwarten da drin?“

„Ich lese gern“, entgegnete Stubs kurz angebunden. Es ärgerte ihn, dass sich Natalie auf seine Kosten amüsierte. Außerdem mochte er den Geruch von  Büchern.

„Lesen ist okay“, lenkte Natalie ein. „Aber Bücher ...“ Sie schüttelte den Kopf und in ihren Haaren schienen die Funken eines Lagerfeuers zu tanzen. „Ich kenne nur alte, langweilige Leute, die noch Bücher benutzen. Mein Lehrer für kreatives Schreiben zum Beispiel.“

„Lass Stubs erst mal ankommen“, ermahnte sie Frau Ölmann. „Bei Kakao und Kuchen redet es sich viel entspannter.“

Natalie rümpfte abermals die Nase. „Hast du keinen Kaffee für mich? Ich bin doch kein Kind mehr.“

Stubs stellte fest, dass es sehr hübsch aussah, wenn sie den Kopf in den Nacken warf. Die feuerfarbenen Haare strichen leicht über ihre Wangen, bevor sie funkensprühend um ihre Schultern wirbelten.

 

Das Zimmer unterm Dach kannte Stubs bereits. Hier hatte er zum ersten Mal allein in einem Bett geschlafen, anstatt zusammen mit den anderen Kindern seines Clans in einem Nest aus dürren Zweigen und Decken.

„Darf ich mal gucken?“

„Ja klar.“ Stubs breitete seine Schätze auf dem Tisch unter dem Giebelfenster aus. „Das mag ich am liebsten.“ Er schob den schmalen Band mit einem Hundewelpen in einer grauweißen Winterlandschaft zu ihr hinüber.

„Hundeherz“, sie nahm es in die Hand drehte es um, „von Kerstin Eckman. Ein erzählerisches Meisterwerk über das Leben und die Natur.“ Natalie rümpfte die Nase und Stubs wartete darauf, dass sie ihre Haare schütteln würde. „Schnee von vorgestern. Steinzeit! Diese Natur gibt es doch schon seit über hundert Jahren nicht mehr.“

„Seit siebenundachtzig Jahren“, widersprach ihr Stubs, der erst in der Geschichtsstunde gehört hatte, dass der größte Vulkan eines untergegangenen Kontinents im Sommer zweitausendachtundvierzig ausgebrochen war.

„Klugscheißer.“ Ihre Augen funkelten, als ob sie zornig wäre. Gleichzeitig schienen sie zu lachen.

„Die Geschichte mag ja ganz okay sein, wenn man sich für die Steinzeit interessiert.“ Sie sah fast aus wie Schwester Anne, wenn sie zu einer Strafpredigt ansetzte. „Aber warum müssen es diese stinkenden Papier-dinger sein. Weißt du, wie viele Bäume vor dem großen Rums gefällt wurden, um das ganze Papier herzustellen, das die Menschen damals verbraucht haben?“

Stubs schüttelte den Kopf. Den Wanderern galt Papier als eine Kostbarkeit. Der Clanführer Grimme schleppte ein paar Karten aus der Zeit vor dem großen Rums mit herum und Josse, der Geschichtenerzähler, hatte sogar eine Kladde mit einem Bleistift besessen. Natürlich tat es Stubs um die Bäume leid, aber wer sollte sich denn die vielen Geschichten merken, die allein in der winzigen Schulbücherei standen.

„Dass Bäume nicht schreien, wenn man sie fällt, ändert nichts daran, dass es Lebewesen sind wie du und ich. Es ist nicht richtig, sie zu töten, um daraus Papier oder Möbel herzustellen.“

„Aber es wäre auch schade um die vielen Geschichten.“

„Was hältst du von einem Memory-Pad und einem Abo bei der elektroni-schen Bücherei?“

„Was ist denn ein Memory-Pad?“

„Gütiger Himmel!“ Sie rollte mit den Augen und schüttelte ihre Haare. „Ich dachte, das hier ist eine Schule. Wie willst du denn etwas lernen, wenn sie dich in der Steinzeit gefangen halten. Warte, ich zeig dir meins.“

„Natti, ähm – Natalie, willst du nicht warten bis …“

Ehe Frau Ölmann den Satz beenden konnte, wirbelte das Mädchen hinaus.

„Wenn dir das Getue auf die Nerven geht, musst du ihr das sagen.“ Mit einem nachsichtigen Lächeln schüttelte Frau Ölmann den Kopf. „Sie kann ganz schön aufdrehen

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